PRESSEMITTEILUNG ANWOHNER*INNENGRUPPE AUS DEM NORDKIEZ FRIEDRICHSHAIN 04.08.2016
Wer sich jetzt darüber aufregt, dass das Haus Rigaer Straße 94 für 4 Mio € gekauft werden soll, kann sich ja mal fragen, was bisher für nichts und wieder nichts in die Rigaer Straße versenkt wurde.
Seit 23.10.2015 besteht das Gefahrengebiet im Friedrichshainer Nordkiez. Das bedeutet, dass seit diesem Tag mindestens eine Hundertschaft Polizei in Schichten rund um die Uhr vor Ort ist, um verdachtsunabhängige Kontrollen durchzuführen und Platzverweise auszusprechen.
In der Praxis sieht das so aus, dass willkürlich von der Polizei ausgewählte Personen sich ausweisen müssen, Taschen und Rucksäcke durchsuchen lassen und bis zu einer Stunde stehenbleiben müssen. Das ist besonders ärgerlich, wenn man nur mal kurz den Hund ausführen, Brötchen holen oder das Kind von der Kita abholen will. Wer nicht verständnisvoll genug reagiert, hat schnell eine Anzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt am Hals oder muss sogar zur Erkennungsdienstlichen Behandlung mitkommen. Letzteres kann dann schon mal z.B. die ganze Nacht dauern. Die zum Teil ungeheuerlichen Berichte der so Schikanierten berichten wir mal an anderer Stelle.
Wie die Polizei selbst mitteilt, hat sie von Oktober 2015 bis Mitte Januar 2016 ca. 1.500 derartige Kontrollen durchgeführt, (ca. 17 pro Tag), Mitte Januar bis Ende Februar ca. 1.900 Kontrollen (ca. 50 pro Tag), Anfang März bis Ende Juni ca. 500 Kontrollen (ca. 4 pro Tag). Das bedeutet, dass von ungefähr 4.000 Personen Name, Vorname, Geburtsdatum sowie die Wohnanschrift im „Polizeilichen Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung“ (POLIKS) gespeichert wurden. Was mit diesen Informationen passiert, weiß man nicht. Zu Festnahmen gesuchter Straftäter oder anderen Fahndungserfolgen kam es nicht, jedenfalls teilt die Polizei selbst nichts Derartiges mit. Man kann davon ausgehen, dass spektakuläre Fahndungserfolge kommuniziert worden wären.
Was kostet das?
Die Polizei selber redet nicht über die Kosten ihrer Einsätze in der Rigaer Straße, auch nicht, wenn sie im Abgeordnetenhaus dazu befragt wird. Aber man kann ja selbst nachrechnen. Für eine grobe Einschätzung lassen sich im Folgenden Kosten zugrunde legen, deren Zahlen von der Berliner Polizei im Zusammenhang mit der Gerhard-Hauptmann-Schule stammen. Ein Polizist kostet 250 € pro Tag, eine Hundertschaft pro Tag demzufolge rund 20.000 €. Der Hubschrauber schlägt mit 2.500 € pro Stunde zu Buche. Rechnet man jetzt zusammen, dass über ca. 10 Monate (23. Oktober 2015 bis heute) mindestens drei Hundertschaften im Schichtwechsel pausenlos im Einsatz waren und sind, kommt man zu dem Ergebnis, dass das Gefahrengebiet Rigaer Straße im genannten Zeitraum allein 24 Millionen € an Personalkosten verursacht hat.
Dazu kommen Hubschraubereinsätze an mehreren Tagen sowie Großeinsätze zu verschiedenen Anlässen, z.B. die Stürmung des veganen Kuchenbuffets am 16.1.2016. Was dazu noch ins Gewicht fällt: Die illegale Räumung einiger Räume in der Rigaer Straße 94 und die darauffolgende intensive Bewachung dieses Hauses vom 22.6. bis 14.7.2016. Drei Hundertschaften waren dabei pausenlos im Einsatz, was an Personalkosten ungefähr 5 Millionen € ausgemacht hat.
Insgesamt mindestens 30 Mio. € Steuergelder für einen Einsatz ohne jedes Ergebnis und fraglicher gesetzlicher Grundlage im Kontext Gefahrengebiet, sowie der illegalen polizeilichen Räumung einiger Wohnungen der Rigaer Straße 94!
In diese Summe nicht einberechnet sind die zahllosen sonstigen Aktivitäten z.B. der Zivilstreifen, des SEK, der seit Ende Juni neu gegründeten SOKO EG LinX mit 14 Beamt*innen/angesiedelt beim Landeskriminalamt und selbst von der Gewerkschaft der Polizei als überflüssig bezeichnet, der Beamten*innen im Büro/am Computer, des polizeilichen Staatsschutzes, der Politiker*innen in ihrer Zeitgebundenheit am Thema und nicht zu vergessen der schon seit Jahren umfangreichen Recherchen, Beobachtungen und Auswertungen des Verfassungsschutzes in Sachen Rigaer 94 und längst über mindestens den gesamten Nordkiez Friedrichshain hinaus, u.v.m. …
Mit den nachrechenbaren 30 Mio. € könnte man stattdessen 4 Schulen komplett sanieren, (veranschlagt mit 7,5 Mio. z.B. in Charlottenburg), den Berliner Schulkindern 7.500.000 gute Schulessen spendieren. Oder: Nimmt man an, dass der Bau einer Wohnung 200.000 € kostet, könnte man mit 30 Mio. € 150 Wohnungen bauen.
Mit der unglaublichen Summe von 300.000,- € für die beiden Großeinsätze bzgl. der Rigaer 94 am 13.01. und 22.06., hätte man beispielsweise die jährlichen Haushaltsausgaben in Sachen Flüchtlingsintegration/ Deutschkurse an der Volkshochschule exakt verdoppeln können.
Die 30 Millionen hätten auch ausgereicht, um das Personal der Berliner Feuerwehr, insbesondere der sehr bedürftigen Rettungsdienste, ein Jahr lang um 20% aufzustocken.
Das sogenannte Gefahrengebiet Rigaer Straße/ Nordkiez Friedrichshain soll mindestens bis zur Wahl aufrecht erhalten bleiben, da angeblich ein Erfolgsmodell. Hauptsache die Rettungsfahrzeuge kommen immer später… dein Bürger*in – dein F-was … ?
Unser Kiez – Unsere Selbstbestimmung!
Wirklich Niemand hier braucht das Trio Infernale Henkel-Kandt-Krömer!
Links zu Pressereaktionen
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1021820.rigaer-einsatz-im-gefahrengebiet-kostet-mehrere-millionen.html
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1022452.gespraeche-und-neue-klage-zur-rigaer.html
Presseartikel mit Verweis auf diesen PM-Beitrag
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49111/1.html